Gegenstand des Architekturwettbewerbs 2016 (1.Platz) und des in 2017 folgenden Verhandlungsverfahrens mit anschließender Zuschlagserteilung waren die Neubauten eines Betriebs- und eines Garagengebäudes sowie einer Sicherheitszentrale. Das Betriebs- und das Garagengebäude werden realisiert, wohingegen der Neubau der Sicherheitszentrale vorerst aus internen Gründen der Berliner Wasserbetriebe zurückgestellt wird.
Bauherr | Berliner Wasserbetriebe |
Wettbewerb 1. Preis | 2016 |
Verhandlungsverfahren / Zuschlag | 2017 |
Planung | 2017 – 2019 |
Realisierung | 2020 - 2023 |
Der Standort Jungfernheide zeichnet sich durch eine heterogen gewachsene Bebauung aus, die keine erkennbare Struktur oder einheitliche Architektursprache aufweist. Durch die neuen Baukörper des Betriebsgebäudes und der Sicherheitszentrale entlang der Motardstraße werden der Anfangs- bzw. Endpunkt des Standortes Jungfernheide neu definiert. Zwischen diesen beiden Polen verbleibt ein Zwischenbereich, der durch die Hauptzufahrt an Tor II und die übrigen Bestandsbauten bestimmt ist.
Die Berliner Wasserbetriebe sind Herz und Kreislauf der Stadt Berlin. Schon dadurch, dass sie die Bevölkerung 24/7 mit Frischwasser versorgen, kommt dem Standort Jungfernheide mit seinen Laboren, Rohrnetzbetriebsstelle und der Sicherheitszentrale eine existentielle Rolle zu. Denn ohne Wasser gibt es kein Leben. Diese vitale Bedeutung des Unternehmens und seiner MitarbeiterInnen muss auch in der Außendarstellung über die Architektur zum Ausdruck kommen.
Die Büroflächen der Baukörper der Rohrnetzbetriebsstelle und der Sicherheitszentrale werden, auf einer Ebene organisiert, wie die Füllung in einem Sandwich zwischen zwei Deckenscheiben gehalten. Die Vorderkanten der auskragenden Deckenscheiben sind im Grundriss leicht tailliert und geben so den Baukörpern eine weiche und leichte Erscheinung. Sie erhalten dabei einen festen vertikalen Sonnenschutz, der wie ein Filter vor den raumhoch verglasten Büroflächen verläuft. Beide Sandwich-Baukörper werden schwebend aufgesetzt. Während die Sicherheitszentrale auf dem Hügel des ehemaligen Betriebsstofflagers ruht, sitzt der Baukörper der Rohrnetzbetriebsstelle auf einem Sockelgeschoss, welches die Sozialräume und den Kundenbereich aufnimmt. Die Fassaden treten an allen vier Seiten, ohne dass sie dabei hierarchisiert würden, in gleicher Form in Erscheinung. Sie verstärken den solitärhaften Charakter der Gebäude.
Allein durch die Stellung des Sonnenschutzes werden Einblicke und Tiefe der Baukörper variiert.
Diese unaufgeregte, zugleich starke wie elegante Architektursprache ist bestens dazu geeignet, das Selbstverständnis der Berliner Wasserbetriebe zu transportieren.
Der Grundriss erinnert typologisch an das dreibündige Kombibüro. Außen, entlang der Gebäudehülle, liegen die einzelnen Zellenbüros bzw. Großraumbüros des Labors, im Inneren die offenen Begegnungszonen und Pausenräume, die Erschließungen und Nebenräume. Ergänzt werden beide Baukörper durch eingeschnittene begrünte Höfe. Sie bilden einen visuellen Kontrast zu den Ausblicken aus den Büros auf Betriebsgelände und Straße und ermöglichen sowohl die natürliche Belichtung und Belüftung der Innenzone als auch den kurzen Austritt an die frische Luft.
Die Sicherheitszentrale und der Laborbereich auf dem Betriebsstofflager werden durch einen Grünstreifen funktional voneinander getrennt, gleichzeitig aber durch die umlaufenden Deckenscheiben mit ihren vertikalen Lamellen sowie einen gemeinsamen Hauptzugang zu einem gemeinsamen Baukörper zusammengefasst. Das Obergeschoss der Sicherheitszentrale sitzt als Erweiterung auf dem bestehenden ehemaligen Betriebsstofflager des Standortes auf. Das Betriebsstofflager (Öl) wird als solches nicht mehr genutzt, die vorhandenen Flächen werden zu 2/3 für Technik- und Lagerräume umgenutzt. Dafür werden die vorhandenen Öltanks mit Ihren Betonsockeln abgebrochen. Die tragende Struktur aus Stahlbetonpfeilern und –bögen wird weitgehend erhalten. Lediglich im Bereich der Foyer- und Treppenräume werden Pfeiler und Teile der Gewölbedecke abgebrochen. Die geschnittenen Teile der Decke werden abgestützt. Das dem Betriebsstofflager vorgelagerte Ölpumpenhaus wird komplett abgebrochen. Ein Teil des Kellers muss bis kurz vor Ende der Bauphase bestehen bleiben, da eine dort vorhandene Heizleitung das benachbarte Laborgebäude an die Heizzentrale anschließt.
Nach Anschluss des Laborgebäudes an die Wärmeversorgung der Sicherheitszentrale kann der restliche Teil des Kellers abgebrochen werden. Der vorhandene Erdhügel um das Lager herum wird bis OK Straßenniveau komplett abgetragen und nach Gebäudefertigstellung in ähnlichen Dimensionen neu errichtet. Auf dem Betriebsstofflager wird eine neue, kammartige Tragstruktur bestehend aus StB-Stützen und -Unterzügen als Luftgeschoss errichtet, die die Lasten des Neubauteils über die Pfeiler im vorhandenen EG bis in die Fundamente leitet. Der westliche Teil des Obergeschosses nimmt die Alarmempfangsstelle, Funkleitstelle sowie das LSW-Testfeld auf. Alarmempfangsstelle, Funkleitstelle und ihre Nebenräume bilden die Schutzzone 5, die gemäß den Anforderungen der DIN EN 50518 geplant wird.
Das Garagengebäude wird als kompakter Baukörper südlich des geplanten Betriebsgebäudes angeordnet. Der annähernd quadratische Baukörper ordnet sich hinsichtlich Grundrissform, Gebäudehöhe und damit räumlicher Präsenz klar den beiden anderen geplanten Neubauten unter. Organisiert ist der Grundriss in Form von zwei Fahrstraßen, die eine vollständige Durchfahrung des Gebäudes ermöglichen, an denen Stellplätze und Lagerflächen aufgereiht sind. Die Außenwände werden als tragende, kerngedämmte Stahlbeton-Sandwichelemente mit äußerer Betonschale in Sichtbetonqualität der Sichtbetonklasse 3 und Matrizenschalung analog zum Betriebsgebäude mit der Optik einer Bretterschalung ausgeführt, die nördliche und südliche Außenwand als transluzente Fassade aus Industrieglaselementen mit integrierten Sektionaltoren. Das Dach besteht aus Spannbetonfertigteilbindern, einer Trapezblechdeckung und einem Retentions-Gründachaufbau. Auf der Dachfläche wird eine Photovoltaikanlage errichtet.
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